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Sehr viel mehr als bislang angenommen waren deutsche Einwanderer in Brasilien vielfältigen und wechselseitigen Prozessen der Anpassung und des Austausches in ihrer neuen Umgebung ausgesetzt. Die vorliegende Studie widmet sich der frühesten Phase des deutschstämmigen Einwanderungsprotestantismus in der Zeit des brasilianischen Kaiserreiches (1822-1889). Dabei wird die seinerzeit von Vertretern deutscher Kirchen kritisierte 'Verbrasilianerung' als Indiz für eine Akkulturation der protestantischen Einwanderer aufgenommen. Mit Hilfe methodischer Zugänge aus der Ethnologie und der Historischen Anthropologie werden verschiedene Aspekte von Akkulturation in der Geschichte von vier Gemeinden in den Provinzen Rio de Janeiro und Minas Gerais beleuchtet. Diese reichen vom Kampf um religiöse Freiheiten, dem Leben im multikulturellen Kontext, der Praxis der Sklaverei über die Ausbildung synkretistischer Praktiken und neuer religiöser Formen bis hin zur Frage nach der Identität zwischen den verschiedenen Institutionen und Nationalitäten. Aus der negativen Fremdbezeichnung der 'Verbrasilianerung' wird so eine deskriptive Kategorie, die dem wissenschaftlichen Diskurs der Akkulturation entspricht und die Lebenswelt der deutschstämmigen Einwanderer erschließen hilft.