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Die heutige Lehre vom Verwaltungsermessen schreibt Begriffe und Aussagen fort, die im Streit um die Bindung der monarchischen Exekutive an das konstitutionelle Gesetz und in der Auseinandersetzung um die Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickelt wurden. Die vorliegende Arbeit fragt nach den Bedingungen und nach der Rechtfertigung dieser dogmatischen Kontinuität.Die Gegenüberstellung von rechtlich nur begrenztem Verwaltungsermessen und rechtlich gebundenem richterlichen Ermessen wurzelt schon in der vorkonstitutionellen Staatsrechtslehre. Justiziable Grenzen des Verwaltungsermessens werden in der spätkonstitutionellen Diskussion um die Verwaltungsgerichtsbarkeit entfaltet. Fragestellung und Lösungsansätze werden durch das rechtsschutzpolitische Erkenntnisinteresse und das konstitutionelle Rechts- und Staatsverständnis bestimmt. Rechtsbindung wird nur als Gesetzesbindung, und diese nur als Vorrang des Gesetzes wahrgenommen. Auslegungsmethodische Standards werden durch den Vorbehalt administrativer Sachverhaltswürdigung unterlaufen.Eine immer weiter ausdifferenzierte Ermessensfehlerlehre muß die Verkürzung der Rechtsbindung ausgleichen. Damit und mit der Lehre vom unbestimmten Rechtsbegriff gelingt es zwar, den Rechtsschutz auszuweiten. Die Ermessensdogmatik bleibt aber von Unstimmigkeiten und Brüchen gekennzeichnet. Das überholte Modell logisch eindeutig determinierter Rechtsanwendung bildet ihre methodische Grundlage. Ihr staatstheoretischer Hintergrund sind vorkonstitutionelle Gewaltenteilungsvorstellungen und das Bild einer vorrechtlich begründeten Staatsgewalt.Erst die positivistische Ermessenslehre Kelsens und Merkls befreit die rechtswissenschaftliche Methode vom Einfluß konstitutioneller Rechts- und Staatslehre, indem Ermessen als notwendiger Spielraum bei der Normkonkretisierung begriffen wird. Die herrschende Lehre hat die Auseinandersetzung mit diesem Ansatz bis heute versäumt. Sie nachzuholen, würde erlauben, die Diskussion auf die Probleme der Auslegung vager Tatbestandsmerkmale und die Systematik möglicher Rechtsfehler zu konzentrieren und eine stimmige Ermessensdogmatik zu erarbeiten, die das Ermessen in der Lehre von der Rechtsanwendung auflöst.